Caroline Wahl, 22 Bahnen

Eine junge Frau, Mathematikstudentin, die das Leben mit ihrer alkoholkranken Mutter, einer kleinen Schwester und täglichem Chaos in geregelten Bahnen zu halten versucht und darüber nicht untergeht, sondern sich freispielt. Trotz des belastenden Settings zart und letztlich ans Licht führend. (2024 bei Dumont im Taschenbuch, 208 Seiten, € 14,40, ISBN 978-3-8321-6724-0)

Thomas Sautner, Pavillon 44

Ein wahrhaft gewichtiger Roman, der mit der größtmöglichen Leichtigkeit über einen beängstigenden Abgrund des Lebens balanciert, indem er versucht, dem Wahnsinn auf die Spur zu kommen, wobei er das Leben findet. Sprachschöpferische Glücksmomente inklusive. (2024 bei Picus erschienen, 450 Seiten Hardcover, € 26,–, ISBN 978-3-7117-2149-5)

Anne Berest, Die Postkarte

„Woher weißt Du, dass Du lebst, wenn niemand Zeuge Deiner Existenz ist?“ Autofiktionale Suche nach der Schreiberin einer Postkarte aus dem Jahr 2003, die die Autorin tief eintauchen lässt in die Geschichte ihrer Familie und sie über das Schicksal dieser französischen Juden, die in Auschwitz ermordet wurden, hinaus fragen lässt, wie man als Jüdin der Gegenwart in Frankreich „ein ganz normales Leben“ führen kann. (Im Oktober 2024 bei Piper erschienen, Übersetzung aus dem Französischen. Hardcover, 544 Seiten, € 16,50, ISBN 978-3-492-32105-1)

Salman Rushdie, Knife. Gedanken nach einem Mordversuch

Unglaublich kenntnisreich, wunderbar lesbar, an vielen Stellen frei assoziativ, kommt Rushdie bei der Aufarbeitung des lebensverändernden Attentats auf ihn zwar häufig vom Einen zum Anderen, was sich aber als absolut inspirierend und Horizont erweiternd erweist. Genial das im zweiten Teil des Buches fingierte Gespräch mit dem arrestierten Attentäter, bei dem Rushdie dessen Denken und Argumentation nachzuvollziehen und zu verstehen versucht. Ein Sachbuch als große Literatur. (2025 bei Penguin im Taschenbuch erschienen, 256 Seiten, € 14,40, ISBN 978-3-328-11351-5)